Anlässlich des vierzigjährigen Jubiläums seiner ersten Veröffentlichung legt Quodlibet Viaggio in Italia neu auf.
Das von Luigi Ghirri konzipierte Buch erschien erstmals und einzig im Jahr 1984 und gilt heute als Meilenstein in der Geschichte der zeitgenössischen Fotografie. Die dahinterstehenden Ideen bilden das Manifest der sogenannten Italienischen Schule der Landschaftsfotografie.
Anfang der 1980er-Jahre versammelt Luigi Ghirri eine Gruppe von zwanzig Fotograf:innen um sich, die bereits seit Ende der 1970er neue, unkonventionelle Wege der Darstellung von Realität und gesellschaftlichem Wandel in Italien erproben. Aus diesem Austausch entsteht die Gruppenausstellung Viaggio in Italia, die am 15. Januar 1984 in der Pinacoteca Provinciale in Bari eröffnet und anschließend in Genua, Ancona, Rom, Neapel und Reggio Emilia gezeigt wird. Begleitet wird sie vom gleichnamigen Buch, gestaltet von Luigi Ghirri und Paola Borgonzoni, mit einem Essay von Arturo Carlo Quintavalle und einem Text von Gianni Celati.
Inmitten der Unschärfe, mit der sich viele an das Projekt erinnern, ist es letztlich das Buch, das den internationalen kunsthistorischen Ruf von Viaggio in Italia begründet. Es vermittelt das Konzept von Landschaft als System alltäglicher, oft übersehener Ressourcen – fernab vom Sensationalismus der Nachrichten und von der geschönten Bildsprache touristischer Postkarten. Quintavalle schreibt dazu:
„Alle Postkarten sind gleichermassen unrealistisch – sie sind mythische Darstellungen idealisierter Städte, in denen das reale Leben, der Umgang mit dem Raum, das, was wir heute städtische Realität nennen – Möblierung, Innenarchitektur – völlig verfälscht oder gar ausgelöscht wird. Wir leben in der Postkarte die Fälschung unserer Welt, ein absurdes Abbild, das nichts repräsentiert. Mit Postkarten verschicken wir symbolische Reisen – Ghirri hingegen ließ unsere Wahrnehmung durch diese fiktiven Welten reisen.“
Auch wenn heute kaum noch jemand Postkarten verschickt, ist der Hang zu einer idealisierenden, oberflächlich-virtuellen Darstellung von Landschaft nicht verschwunden. Umso aktueller bleibt die Einladung, von den vorgezeichneten Wegen abzuweichen und neue Sichtweisen zu entdecken.
Die Neuauflage ist ein originalgetreues Facsimile der Erstausgabe von 1984, erschienen bei Il Quadrante in Alessandria. Gestaltung, Layout, Bildreihenfolge sowie Materialität und Format der Seiten wurden exakt beibehalten. Für eine bessere Bildwiedergabe wurden die Fotografien von den Originalnegativen oder -abzügen neu digitalisiert.
Der Band wird ergänzt durch ein 48-seitiges Booklet mit einem Essay zur Entstehung und Rezeption von Viaggio in Italia, verfasst von Matteo Balduzzi, Fabio De Chirico, Gabriella Guerci und Matteo Piccioni, einer Anmerkung von Adele Ghirri sowie Übersetzungen der Originaltexte von Quintavalle und Celati ins Französische und Englische (im Buch selbst in Italienisch abgedruckt).